Antrag / Anfrage / Rede
Klimaschutzmaßnahmen und Hitzeschutz für die südwestliche Innenstadt
Der Klimawandel schreitet immer schneller voran, und die Prognosen hinsichtlich Hitzetagen und Tropennächten zeigen deutlich, dass Nürnberg besonders stark betroffen ist. Aufgrund der stetig zunehmenden Zahl zusammenhängender Hitzetage und der besonders ungünstigen Prognosen für die Großstadt Nürnberg bezüglich der Auswirkungen des Klimawandels wird rasches Handeln und wirkungsvolles Gegensteuern immer dringlicher.
Ganz aktuell hat der Vorsitzende der Deutschen Allianz Klimawandel u. Gesundheit Martin Herrmann bei einer Bundespressekonferenz angesichts von 4.500 Hitzetoten im vergangenen Jahr verdeutlicht: "Hitze ist für alle Menschen potentiell lebensgefährlich ..." In Reaktion darauf, und mit dem Wissen, dass Hitze insbesondere für Ältere, Kranke und Kleinkinder ein besonderes gesundheitliches Risiko bedeutet, will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach nun einen Hitzeschutzplan für ganz Deutschland erarbeiten.
Nürnberg hat neben Klimafahrplänen mit Maßnahmensteckbriefen bereits einen Hitzeaktionsplan. Inzwischen ist auch die Minimierung von Versiegelung und bestmögliche Erhaltung von Freiräumen, Grünflächen sowie die Stadtbelüftung ein Top Thema in Nürnberg.
Für das Gebiet der größten Innenstadt-Entwicklungsfläche, dem Kohlenhof, wurden solche Ziele und Vorgaben jedoch nicht zur Anwendung gebracht. Nach Auflassung des früheren Hauptgüterbahnhofs wurde noch vor Erstellung des Stadtklimagutachtens und des Klimafahrplans mit Planungen am Kohlenhof begonnen, und am 23.03.2006 die Einleitung des Bebauungsplanverfahrens 4535 Kohlenhof beschlossen. Der Umweltbericht zum Bebauungsplan gemäß § 2 Absatz 4 BauGB bezog sich dabei nur auf den damaligen Stand (Entwurf zur frühzeitigen Behördenbeteiligung - Stand 25.10.2005) und enthielt keinerlei Aussagen zum Klima. Diese sollten im weiteren Verfahren noch nachgereicht werden. Dies erfolgte allerdings nie, da das Verfahren längere Zeit nicht vorangetrieben wurde. Für den Masterplan wurden schließlich Umweltbelange nicht untersucht, so dass über die klimatische Situation und die Auswirkungen der geplanten Bebauung auf die Fläche selbst sowie angrenzende Siedlungsflächen keinerlei Erkenntnisse vorliegen. Die gewünschte Bebauung wurde lediglich nach stadtgestalterischen Aspekten bewertet und für passend befunden.
Das im Mai 2014 fertiggestellte Stadtklimagutachten stellt den Kohlenhof sowie die angrenzenden Bereiche von Gostenhof und Tafelhof als "Siedlungsräume mit hoher bioklimatischer Belastung" dar. Die Planungshinweiskarte sieht für diese Bereiche vor: "Keine weitere Verdichtung, Verbesserung der Durchlüftung und Erhöhung des Vegetationsanteils. Erhalt aller Freiflächen, Entsiegelung und ggf. Begrünung von Blockinnenhöfen." Weiterhin ist dem Stadtklimagutachten zu entnehmen, dass für den Luftaustausch dieses stark verdichteten Innenstadtbereiches die Kaltluftleitbahn von Osten vom Schmausenbuck her bedeutsam ist. Dort strömt Kaltluft über den Hauptbahnhof entlang der Hauptgleistrasse nach Westen in Richtung ehemaligem Güterbahnhof.
Eine nahezu vollflächige Versiegelung und eine erhebliche Zunahme der Baumasse am Kohlenhof gegenüber früher, wie sie der aktuelle Masterplan vorsieht, stellt eine immense Belastung für die angrenzenden Quartiere dar, die die Gefahren für die Gesundheit deren Bevölkerung noch über die Klimawandelfolgen hinaus zusätzlich erhöht. Auch für tausende künftiger Beschäftigter in den bereits errichteten und noch vorgesehenen Bürogebäuden auf dem Areal ist eine Aufheizung und Hitzestau durch intensive Bebauung und hohe Baudichte eine Gesundheitsgefahr.
Angesichts der mittlerweile offensichtlich gewordenen sehr ernsten klimatischen Lage in den dicht bebauten Teilen unserer Stadt halten wir eine Bewertung geplanter Bebauung allein aufgrund ästhetischer und stadtgestalterischer Sicht nicht mehr für vertretbar. Eine Untersuchung der klimatischen Folgen und deren Auswirkungen auf angrenzende Stadtareale scheint dringend geboten, damit Nürnberg nicht zur bayerischen Hitzetoten-Metropole wird.
Daher stellen wir den Antrag:
Die Verwaltung nimmt umgehend das ruhende Bebauungsplanverfahren 4535 Kohlenhof wieder auf, um weitere Bauvorhaben auf der Grundlage einer eingehenden klimatischen Untersuchung bewerten und den stadtklimatischen Belangen sowie dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung Rechnung tragen zu können.
Nachtrag:
Bei der Stadtratssitzung am Mittwoch, 21.06.2023 wurde der Antrag an den Stadtplanungsausschuss verwiesen.