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Pressemitteilung

Schwerpunkte der ÖDP-Kommunalpolitik für die nächsten sechs Jahre

Grundsatzerklärung von Inga Hager zur konstituierenden Stadtratssitzung

Die Rathausfotografin hat zwar viele Fotos gemacht, vom OB (mit und ohne Kette), den Referent*innen und Fraktionsführer*innen, nur leider nicht von der Rede unserer Stadträtin. Daher illustrieren wir das Ereignis mit einer historischen, aber nicht minder aktuellen Karikatur.

Sehr geehrter Oberbürgermeister, werte Referentinnen und Referenten, Stadtratskolleginnen und -kollegen,

die Corona-Pandemie beherrscht seit Wochen die Medien. Das war noch lange nicht absehbar, als Jan Gehrke und ich uns entschlossen, im Stadtrat (weiter) mitarbeiten zu wollen. Wir sind sehr erstaunt darüber, wie schnell Politik handeln kann, wenn eine Gefahr wie Corona erkannt wird und fragen uns, warum die Gefahr des Klimawandels, obwohl sie inzwischen erkannt zu sein scheint, bisher so wenig politisches Handeln bewirkt hat. Viele haben in der jetzigen Entschleunigung die Gelegenheit genutzt, darüber nachzudenken, was ihnen im Leben besonders wichtig ist: die meisten werden eher die menschlichen Kontakte vermissen, als den übermäßigen Konsum. Der von uns schon lange geforderte Wandel unseres Lebensstils, um die Welt auch für unsere Nachkommen fruchtbar und lebenswert zu erhalten, kann nach dem Corona-bedingten „Shutdown“ nun leichter in Angriff genommen werden. Beim erneuten „Hochfahren der Wirtschaft“ muss nun die Klimawirksamkeit jeweils mitgedacht werden – ein möglichst schnelles „So-wie-vorher“ wäre ein falsches Signal, das unseren Kindern noch mehr Schulden aufbürden würde.

Es hat sich durch Corona gezeigt, dass je höher die Feinstaubbelastung in den Städten war, desto schwerer waren die Covid19-Erkrankten von Atemnot betroffen. Das bestätigt unseren Wunsch, Nürnberg zu einer Stadt der kurzen (Fuß-)Wege umzugestalten:

  • Einkaufsmöglichkeiten und medizinische Versorgung sollen in fußläufiger Entfernung für jeden erreichbar sein. Öffnung der Straßen um Märkte und Spielplätze, um diese zu entzerren (d.h. Sperren für den Autoverkehr) und mehr innerstädtische Tempolimits.
  • Die Stadtteile sollen barrierefrei erschlossen werden.
  • Sicheres Fahrradfahren getrennt vom Auto- und Fußgängerverkehr soll in der gesamten Stadt ermöglicht werden. Eine pandemieresiliente Infrastruktur ermöglicht das 1,5m Abstandsgebot. Dies kann z. B. durch temporäre „Popup-Radwege“ (Baustellenausrüstung mit gelben Klebestreifen und Barken) und damit Nachjustier-Möglichkeit (wie in Berlin, siehe: Difu = Deutsches Institut für Urbanistik) erreicht werden. Kosten: 10.000 €/km (sonst 40.000€/km nur für die Planung)
  • Für weitere Wege soll der ÖPNV ausgebaut, im Takt verdichtet und für jeden bezahlbar werden.
  • Das alles wird nur zulasten des Autoverkehrs möglich sein, aber von der besseren Luft, geringerem Infektionsrisiko, von weniger Lärm und größerem Platzangebot profitieren dann doch alle.

Die Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln schien am Anfang der Pandemie gefährdet, denn weite Wege in der globalen Produktion wurden an den nationalen Grenzen gekappt oder zumindest verzögert. Das führt uns zu der Ernährungswende, die wir für dringend nötig halten, auch um die Ziele des Volksbegehrens „Rettet die Bienen“ zum Schutz der Artenvielfalt in Bayern zu erreichen.

  • In allen Städtischen Kantinen also in Kitas, Schulen, Klinikum, Pflegeheimen... sollen biologische Lebensmittel aus der Region verarbeitet werden. Das stärkt auch die regionalen Erzeuger und Verarbeiter.
  • Kochen muss von vielen erst wieder gelernt werden und Kinder haben oft keine Ahnung, wie Spinat aussieht, bevor er als grüner Brei auf dem Teller liegt.
  • Die Dänische Hauptstadt Kopenhagen ist uns bereits weit voraus und hat alle Kantinen zu 90% auf biologisch und regional umgestellt und zwar ohne Kostensteigerung pro angebotenem Essen. Und auch Berlin hat sich schon auf den Weg gemacht und schult Kantinenpersonal beim Umstellungsprozess.
  • Gesunder Boden mit einer vielfältigen Mikrobenpopulation trainiert auch das menschliche Immunsystem, so dass dieses krankmachende Keime besser in Schach halten kann.

In der aktuellen Krise hat sich außerdem gezeigt, dass sehr viele als „systemrelevant“ anerkannte Berufe solche aus dem Niedriglohnbereich  sind (Verkäufer, Postzusteller, Müllabfuhr) oder sehr herausfordernden Arbeitsbedingungen z.B. durch Schichtdienst, Witterung... unterliegen (Pflegerinnen und Pfleger, Ärzte, Erzieherinnen und Erzieher, Erntehelfer)

  • Diesen Menschen reicht nun nicht nur ein einmaliges „Dankeschön“, sondern es müssen langfristig die Löhne und Arbeitsbedingungen verbessert werden, um mehr Menschen zu diesen wichtigen Berufen zu ermuntern.
  • In einer Gemeinwohlökonomie zählen nicht nur die finanziellen Aspekte, sondern auch Arbeitnehmerrechte, Umweltauswirkungen durch Gifteinsatz in der Produktion oder CO2-Emissionen durch den Transport, ... dies führt zu einer Abkehr des stetigen Wirtschaftswachstums, das mit unseren begrenzten Ressourcen nicht vereinbar ist. Wir schlagen vor, dass Nürnberg als Kommune eine Gemeinwohlbilanz aufstellt. Es wird sich zeigen, dass bereits viele gute Initiativen verfolgt werden: Die Nachhaltigkeitsstrategie, das Gleichstellungsbüro, Agenda 21 Büro, … es zeigt aber auch deutlich auf, wo noch mehr Engagement nötig ist, wie z. B. in der Verkehrswende.
  • In einer Postwachstumsökonomie zählt nicht der materielle Reichtum, sondern eben auch Zeitwohlstand, der uns ermöglicht, Dinge selber zu erzeugen, zu pflegen oder zu reparieren.

 

Die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention auf kommunaler Ebene ist ja bereits über regelmäßig stattfindende Inklusionskonferenzen im Gange und wir haben uns beide schon in verschiedenen Arbeitsgruppen mit dafür eingesetzt. Nun müssen die zusammengetragenen Ergebnisse aber auch zeitnah veröffentlicht und umgesetzt werden. Es geht dabei um:

  • Abbau von Barrieren wie Stufen und Bordsteinkanten,
  • Hilfen für Hör- und Sehbehinderte,
  • Erläuterungen und Formulare in leichter Sprache,
  • Zusammenführen von Informationen über Hilfsangebote an einer zentralen Stelle, so dass die bestehenden Hilfen auch zu finden sind.

Unser Ziel ist eine vielfältige Stadtgesellschaft, in der sich heute und zukünftig alle wohl fühlen können egal welchen Alters, Geschlechts, Hautfarbe oder Religion, ob mit oder ohne Behinderung.

Deshalb setzen wir uns ein für:

  • Eine Verkehrswende,
  • eine Ernährungswende,
  • für Gemeinwohlökonomie,
  • und  Inklusion.

Wir beiden ÖDP-Stadträte sind gespannt auf die Arbeit mit neuen Kolleginnen und Kollegen und hoffen auf eine wertschätzende, themenbezogene Zusammenarbeit im Gesamtstadtrat, in den Ausschüssen und weiteren Gremien.

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