Pressemitteilung
ÖDP will Kreislaufwirtschaft in Nürnberg umsetzen
Wie Klärschlamm zum Kohlenstoffspeicher werden und chemische Düngemittel ersetzen kann
Menschen ernähren sich von landwirtschaftlichen Produkten, die hier auf unseren Feldern wachsen. Die Pflanzen benötigen nährstoffreichen Humusboden, Wasser und Sonnenlicht, um zu gedeihen. Um die Bodenfruchtbarkeit langfristig zu erhalten, müssten unsere Fäkalien wieder auf die Flächen zurückgeführt werden, auf denen unsere Nahrung wachsen soll. Aus hygienischen Gründen darf Klärschlamm heute aber nicht mehr direkt auf Feldern ausgebracht werden. Er wird nach dem Faulprozess, bei dem Klärgas erzeugt und der Schlamm schon etwas eingedickt wird, zur Entsorgung zu speziellen Verbrennungsanlagen transportiert. Durch die Verbrennung gelangt der Kohlenstoff jedoch als klimaschädliches CO₂ in die Atmosphäre. Mit viel Aufwand kann aus der Asche Phosphor zurückgewonnen und als Dünger verwendet werden.
Der Nürnberger Klärschlamm wird zurzeit per LKW zu verschiedenen Verbrennungsanlagen überwiegend nach Sachsen-Anhalt und Hessen transportiert. Für Transport und Entsorgung der jährlich anfallenden 30.000 - 35.000 t müssen jeweils um die 2,5 Mio Euro bezahlt werden. Die Abwärme wird gegebenenfalls durch die jeweiligen Kommunen genutzt und auch der recycelte Phosphor kommt nicht unserer Region zugute. Phosphor ist lebensnotwendig für alle Pflanzen. Die Landwirte beziehen Phosphordünger aus Marokko, China, Jordanien oder Südafrika, wo dieser aus Phosphatgestein gelöst wird. Die weltweiten Vorkommen werden nur noch für wenige Jahrzehnte reichen. Deshalb muss bis zum Jahr 2029 der Phosphor aus Klärschlamm recycelt werden.
Die umweltpolitische Sprecherin der ÖDP-Stadtratsgruppe sieht auch angesichts des Klimawandels die Notwendigkeit, den Umgang mit Klärschlamm noch einmal neu zu bewerten: „Es ist doch viel zu schade, Klärschlamm nur als Abfallstoff zu betrachten, der entsorgt werden muss. Mit der schonenderen Pyrolysetechnik kann der wertvolle Rohstoff Klärschlamm in gute Biokohle verwandelt werden, in der der Kohlenstoff über Jahrhunderte gespeichert bleibt. Schadstoffe wie Mikroplastik und Medikamentenreste werden zerstört. Darüber hinaus bleiben Stickstoff und Phosphor erhalten und sind besonders gut für Pflanzen zugänglich. Die Biokohle kann in der Landwirtschaft eingesetzt werden oder die Standorte unserer Straßenbäume aufwerten, denn sie verbessert auch noch die Wasserspeicherfähigkeit des Bodens.“ Hager ist fasziniert von dieser neuen Technik: „Einmal angestoßen, liefert dieser Prozess seine eigene Energie, und es kann darüber hinaus entstehende Wärme zur vorbereitenden Trocknung des Klärschlamms verwendet werden. Durch die quasi dauerhafte Speicherung von Kohlenstoff können sogar CO₂-Zertifikate generiert werden, die der Klimabilanz der Stadt zugutekommen.“
Die ÖDP-Stadtratsgruppe setzt sich nun mit einem Stadtratsantrag dafür ein, dass untersucht wird, ob die Errichtung einer Klärschlamm-Pyrolyseanlage räumlich, wirtschaftlich und bürgerverträglich auf Nürnberger Stadtgebiet möglich ist. Und sie fordert einen Bericht darüber, inwieweit sich die Klimabilanz der Stadt verbessert, wenn der hier anfallende Klärschlamm zu Biokohle pyrolysiert wird, statt außerhalb der Stadt verbrannt zu werden.
Klärschlamm-Pyrolyseanlagen gibt es bereits in den USA (in Kalifornien und Pennsylvania), in der Schwedischen Gemeinde Hammenhög, im Tschechischen Trutnow, in der Finnischen Hauptstadt Helsinki, aber z. B. auch in den Deutschen Kommunen Unkel und Kleve (NRW), Homburg (Saarland), Lorsbach (Hessen) und Unterfrohna (Sachsen).
Am 13. September 2024 wurde dem Umweltausschuss das neu erarbeitete Kreislaufwirtschaftskonzept der Stadt Nürnberg vorgestellt. Es geht dabei um Themen wie Nachhaltigkeit in der öffentlichen Beschaffung und Maßnahmen gegen Lebensmittelverschwendung. Aber auch der private Konsum soll unter die Lupe genommen, und über Angebote von Tauschbörsen und Secondhand-Shops die Menge des Abfalls vermindert werden. „Die Weiterverarbeitung von unserem Klärschlamm zu gutem Dünger für unsere regionale Landwirtschaft wäre allerdings die Krone der Kreislaufwirtschaft.“ ist Hager überzeugt.